Donnerstag, 31. März 2011

Der Gesang der Stille

Ich schaute in die Tiefe der Berge hinein. Beobachtete das Spiel des Lichtes mit den Bäumen. Das Wasser des Sees schwappte leise knapp an meine Füße heran. Ich breitete meine Arme aus. Und ein Schrei entfuhr meiner Kehle. Ein Schrei von absoluter, unendlicher Freiheit. Ein Schrei voll von Glück.

Am Donnerstag wurde mit einem Feiertag an die Machtergreifung des Militär am 24.März 1976 und den Beginn des bis 1983 andauernden Militärregimes gedacht. Da ja der Freitag dann ein wundervolles langes Wochenende bietet wurde er gleich mit zum Feiertag erklärt und als „Tag des Tourismus“ verkauft. Kurz: Eine Aufforderung die vier Tage zu nutzen und durchs Land zu reisen um den Tourismus anzukurbeln. Das hat meine Familie dann auch gleich wahrgenommen, wir haben uns am Mittwochnachmittag ins Auto gesetzt und uns auf die siebenstündige Fahrt in das Andendorf Corcovado gemacht, das ungefähr 100 Kilometer von Esquel entfernt ist.
Ich war beeindruckt wie facettenreich eine einzige Provinz sein kann. Mit Playa Union bietet sie einen ausgezeichneten Küstenort, ungefähr in der Mitte der Provinz beginnen dann „Los Altares“, Berge in Form von Altären, die durch den Steinabbau entstanden sind und auf der anderen Seite Chubuts tritt man ein in die wunderschöne Bergwelt. Um 19:30 abends waren wir dann in Corcovado, die Sonne begann langsam unterzugehen doch wir konnten noch einen Blick auf die kleinen Häuser und Lädchen erhaschen und ich war ganz fasziniert von der alten Tankstelle, die aus vier kleinen Zapfsäulen bestand, fernab von Modernisierung.


Wir machten es uns in einem kleinen, aber gemütlichen Bungalow bequem und starteten am nächsten Tag in den frischen aber wunderschönen Morgen. Wir fuhren ein bisschen durch die Umgebung Corcovados, ursprünglich um Rafting zu suchen, aber am Donnerstag wollte niemand arbeiten, also bewunderten wir einfach so die unberührte Schönheit der Anden. Zudemist diese Gegend reich an Forellen (die eifrig sprangen) und Lachsen. von letzteren haben wir leider keine springen sehen, allerdings drehte nahe am Ufer ein riesiges Exemplar (manche Lachse wiegen 23 Kilo) gemütlich seine Runden und verschwand dann in den Tiefen des Rios Chubut, der sich einmal von den Anden bis zum Meer durch die ganze Provinz schlängelt. Mit Mate und ein paar Keksen blieben wir fast eine Stunde an einer besonders schönen Flussstelle, ich bin sogar auf ein paar Felsen geklettert von denen man einfach einen atemberaubenden Blick auf den in Sonnenlicht gebadeten Fluss hatte. Irgendwann machten wir uns wieder auf, um noch ein bisschen am Ufer langzufahren und wir entdeckten eine etwas abgelegene und friedliche Uferstelle über die eine Art Hochseilkonstruktion mit einem eingehängten Kasten mit SItzbrett war. Ein Schild sagte es handle sich hierbei um Privateigentum und das Überqueren des Flusses mit dem Kasten wäre verboten. Schon waren wir fast wieder auf dem Rückweg, als zwei Mütter mit ihren Kindern in Begleitung einer alten Dame erschienen. Die Kinder kletterten gleich in den Kasten und halfen der Dame auf die andere Seite überzusetzen wo schon ein Ochsenkarren wartete. Die eine Mutter begann sofort draufloszuerzählen, sie würden jeden Tag auf dem Weg zur Schule und wieder nach Hause den Fluss so überqueren und viel weiter oben läge ein Hof. Und dann fragte sie ganz spontan ob wir nicht Lust hätten es kennenzulernen. Wir sagten natürlich sofort ja und ich überquerte in einem Kasten den Fluss. :) Der Ochsenkarren war extra für die alte Dame, die Schwester des Besitzers Don Busto, gekommen, um ihr hinauf zu helfen. Und so zuckelten die Ochsen los und wir liefen hinterher. Auf der Mitte der Strecke kamen uns dann zwei Reiter entgegen, die sich von Don Busto (der auch auf dem Karren saß) Pferde geliehen hatten und sie nun zurück geben wollten. Don Busto lud dann Luciano, Lean und mich ein doch auf den Pferden den restlichen Weg zurückzulegen und so trotteten wir zu Pferd den Berg hoch. Und auf einmal öffneten sich die Hügel, die uns links und rechts des Weges begleitet hatten und wir fanden uns auf einer großen und einfach wunderschönen Hochebene wieder. Wir schauten auf die sonnenbeschienenen Weideflächen, die grasenden Pferde und Schafe, das kleine Holzhaus mit rauchendem Kamin- all das sanft zwischen den Berggipfeln eingebettet. Luciano und ich durften dann noch über die Ebene traben und galoppieren und als wir uns dann in der Dämmerung verabschiedeten wollten wir am liebsten nie mehr gehen.



Der nächste Tag begann mit einem Grenzübergang nach Chile wo wir in einem kleinen chilenischen Dorf nach einem Restaurant zum Mittagessen suchten. Irgendwie hatten alle geschlossen und schon hatten wir fast aufgegeben, als uns auf der Straße ein mann, der uns gehört hatte, hausgemachte Empanadas anbot, er würde nur schnell seiner Frau Bescheid sagen. Und so kamen wir eine knapper Stunde später in den Genuss von köstlichen Empanadas! =) Auch wenn Chile und Argentinien an dieser Stelle nur 10 Minuten Autofahrt trennen bemerkt man sofort den Unterschied. Schon ist die Vegetation üppiger, die Leute sprechen schneller und undeutlicher, sind im allgemeinen kleiner, und ähneln mehr dem Klischee-Bild eines Südamerikaners. Dunklere Hautfarbe, dunkles Haar, breiteres Gesicht. Die Landschaft, die wir auf dem Weg nach Futaleufu durchquerten war von einer asußergewöhnlichen Schönheit. Flüsse, Berge, viel Grün und Blumen- ein Traum von Natur. Und dann stand ich auf einer kleinen Steinzunge, die in einen See hereinreichte, um mich herum die Berge, das Wasser glänzte und ich breitete die Arme aus und schrie einfach in den Berg hinein. Es war ein Gefühl von unendlicher Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten. Auf einmal hat man die Kraft alles zu schaffen. Es war ein unvergessliches Erlebnis so die Berge zu leben. 
Dieser Tag in Chile war der einzige des Wochenendes mit bewölktem Himmel und sogar Regen in Futaleufu aber selbst die grauen Wolken konnten diese Schönheit nicht verstecken. So kamen wir dann am späten Abend, nach erneuter Grenzüberquerung (am Grenzposten habe ich übrigens zwei Deutsche aus München kennengelernt xD) in Trevelin, Argentinien an. Dieser Bungalow war einfach unglaublich gemütlich, alles aus Holz, die Heizung gluckerte leise vor sich hin und die Wolldecken waren flauschig. xD Am nächsten Tag machten wir dann eine organisierte Pferdetour. Vorher hatten wir noch eine Forellenaufzuchtsstation besucht, die zur Auffüllung der Seen dient. Von 5000 Eiern überleben in der freien Wildbahn 2 "Erwachsene" und in der Aufzucht immerhin 17. Danach ging es mit einem Gaucho zu Pferd und in flottem Trab, begleitet von drei Hunden, auf einen Berggipfel von dem man eine hervorragende und tolle Aussicht auf Trevelin und den Chubut hatte. Am Ende durften Luciano und ich sogar galoppieren. xD Wieder auf dem Hof haben dann Luciano und ich noch versucht ein lamm zu fangen, was extrem schwer ist aber irgendwie haben wir es dann doch geschafft und ich hab einem zuckersüßen Lamm einen Kuss auf die Stirn gedrückt. xD Abends haben wir dann noch Karten gespielt und gekniffelt und uns völlig erschlagen in die Federn geworfen.
Am näöchsten Morgen ging es dann noch auf einen kurzen Ausflug in den "Parque Nacional de los Alerces", das letzte Mal hatte ich ihn im November gesehen und da dachte ich dass ich nie mehr zurückkehren würde. So war es etwas merkwürdig ohne die Gruppe am Ufer des Sees zu sitzen und einfach der Stille zu lauschen. Eine solch vollkommene Stille, dass man den leisen Gesang der Berge vernehmen konnte. 










Ein wunderschönes Wochenende war zu Ende, eines der besten meines Lebens und ich bin meiner Familie so dankbar, dass sie mir diese wundervollen Orte gezeigt haben. Muchas Gracias mi querida familia, los quiero muchisimo!!!

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